Bürstadt erlebte im Juni 2018 ein Unwetter, das Keller volllaufen ließ und Straßen überflutete. Das Extremniederschlagsereignis traf Privathäuser wie auch Industriegebäude. Über 100 Mal war die örtliche Feuerwehr an diesem Tag im Einsatz. Insbesondere der Ortsteil Bobstadt war betroffen und das nicht zum ersten Mal. In den letzten Jahren war es bereits mehrfach zu Überflutungen gekommen, sodass die Stadt UNGER ingenieure Ende 2018 mit der Untersuchung der Entwässerungs- und Überflutungssituation beauftragte. Eine Kanalnetzberechnung aus 2002 sollte dabei aktualisiert werden.

Als Grundlage für die Starkregengefährdungsanalyse wird eine gekoppelte 1D/2D-Abflusssimulation durchgeführt – eine gemeinsame Berechnung der Abflüssse an der Oberflächen und im Kanalnetz. Sowohl die überwiegend landwirtschaftlich genutzten Flächen im Umland als auch die Ortskanalisation weisen aufgrund der topographischen Verhältnisse im Hessischen Ried nur sehr geringe Gefälle auf. Daher wurde begleitend eine Stellungnahme zur Vorflutfunktion des Grenzgrabens beauftragt, in den die Entlastungsabflüsse des am Ende der Ortskanalisation liegenden Regenüberlaufbeckens eingeleitet werden.

Die Häufung der Starkniederschläge in den letzten Jahren erschwert eine genaue Beurteilung, welche Schächte auch bei Niederschlägen geringerer Jährlichkeiten regelmäßig Überlastungen aufweisen. Um die Berechnungsergebnisse der Kanalnetzberechnungen zu verifizieren, werden in der Regel Beobachtungen zum Beispiel durch Anwohner und die örtliche Feuerwehr herangezogen. In Bürstadt konnten die Ergebnisse einer entsprechenden Fragebogenaktion nicht mit den vorläufigen Ergebnissen der aktualisierten Kanalnetzberechnung in Einklang gebracht werden. Daher wurde für die Kalibrierung des Kanalnetzmodells eine Messkampagne beauftragt, die von September bis Dezember 2019 durchgeführt wurde.